Mehr Einzelheiten zur Radioastronomie
Radioteleskope
Ein derartiges Instrument besteht aus einer Antenne zum Auffangen der Radiowellen und ihrer Umwandlung in
ein elektrisches Signal, dem Empfänger zum Verstärken und Filtern der Signale, und einem Computer zur
weiteren Datenverarbeitung und -aufzeichnung, sowie der Steuerung der Antenne.
Als Antennenanlage verwenden wir Parabolspiegel, der die Radiowellen im Brennpunkt auf ein Dipol
konzentriert. Im Dipol entsteht durch das Wechselfeld der elektromagnetischen Welle eine
Wechselspannung, die von einem rauscharmen Vorverstärker verstärkt dem Empfänger zugeführt wird.
Der Spiegel erfüllt zwei Aufgaben wie bei einem optischen Teleskop: einerseits fängt er möglichst
viel Leistung auf, andererseits konzntriert er die Empfindlichkeit auf einen kleinen Himmelsausschnitt.
Ein Spiegel mit Durchmesser D hat eine wirksame Fläche Aeff = π (D/2)2
und fängt von einem Objekt mit Strahlungsfluss F in einer Empfängerbandbreite B
die Leistung auf
P = B F Aeff / 2
Der Faktor 2 ist dadurch bedingt, dass ein Dipol nur elektrische Felder parallel zu seiner Längsausdehnung
registriert. Aufgrund der Wellennatur der Strahlung besitzt dieser Spiegel ein endliches
Winkelauflösungsvermögen.
Im Radiobereich wird dieses durch die Halbwertsbreite der Antennenkeule
(HPBW = Half-Power Beam Width) gekennzeichnet. Für einen gleichmäßig ausgeleuchteten kreisförmigen
Spiegel erhält man
HPBW = 58.8° λ/D
Es läßt sich ferner eine wichtige Größe, der effektive Raumwinkel der Antenne, innerhalb dessen sie
empfindlich ist, ableiten und mit der Halbwertsbreite in Verbindung bringen:
ΩA = λ2/ Aeff ≈ 1.27 (HPBW/58.8°)2
Strahlungsgrößen
Die Emission von Himmelskörpern besteht lediglich in einem mehr oder weniger breitbandigen Rauschen, dessen
Stärke mit der Zeit variieren kann. Aufgabe des Teleskops ist es, die Stärke des unmodulierten Signals
zu messen. Die Empfangselektronik – und insbesondere der Vorverstärker – produzieren ihrerseits ein
breitbandiges Rauschsignal, durch thermische Bewegungen der Leitungselektronen und Rauschen in den aktiven
Halbleiterkomponenten (Transistoren).
Es ist üblich und nützlich, die vom Teleskop aufgefangene Leistung
durch die Temperatur zu charakterisieren, deren thermisches Rauschen dieselbe Stärke besitzt. Letztere
beträgt kTB bei einer Bandbreite B. Somit ergibt sich die Definition der
Antennentemperatur als
k Tant B = P
Jeder (Himmels)körper mit der physischen Temperatur T emittiert Wärmestrahlung, deren Intensität
(spezifische Intensität, Flächenhelligkeit, ...) durch ein Schwarzkörperspektrum (Planckfunktion) gegeben ist
I = B(f,T) = (2hf 3/ c2) / (exp(hf/kT) – 1) ≈ 2kT (f/c)2
= (2760 T)/λ2
mit der Einheit W/m2/Hz/steradian. Dies ist die Leistung, die entlang des Sehstrahls
der betreffenden Richtung durch eine Flächeneinheit der Meßapparatur (Teleskop) pro Hertz Bandbreite
und in einen Kegel des Raumwinkel von 1 steradian strömt. Der Raumwinkel wird als die Oberfläche gemessen
die der Kegel auf einer Kugel mit Radius 1 herausschneidet; die gesamte Kugel hat den Raumwinkel 4 π.
Diese etwas kompliziert definierte Intensität trägt u.a. der Tatsache Rechung, dass die Helligkeit einer Hauswand
unabhängig ist von der Entfernung aus der sie betrachtet wird. Manchmal wird sie mit dem
Fluss verwechselt, der mit der Entfernung abnimmt.
Bei den vorkommenden Temperaturen kann im Radiobereich (wegen hf/kT « 1) die Planckfunktion
durch die Rayleigh-Jeans Näherung ersetzt werden. Verwendet man außerdem die in der Radioastronomie
sinnvolle Einheit 1 Jy (Jansky) = 10-26 W/m2 für den Strahlungsfluss,
ergibt sich der einfache numerische Ausdruck mit Temperatur in Kelvin und Wellenlänge in Meter.
Die Intensität ist also direkt proportional der Temperatur, worin die zweckmäßige Gewohnheit, in
Temperaturen zu denken, begründet ist.
Die Intensität ist die Leistung, die der Körper pro Raumwinkeleinheit abstrahlt, und die wir von ihm
aus einer Raumwinkeleinheit erhalten. Füllt der Körper, von uns aus gesehen, den Raumwinkel Ω
aus, so ist der
Strahlungsfluss (Flussdichte, eigentlich mit dem Index Frequenz versehen, denn er bezieht sich
auf 1 Hz Bandbreite - ebenso wie die Intensität I)
F = I Ω
der von der Entfernung abhängt. Handelt es sich um eine Punktquelle (Ω < ΩA),
die vom Teleskop nicht aufgelöst wird, ist die mit der Bandbreite B gemessene Leistung
P = B F Aeff / 2 = B I Ω Aeff
Die Antennentemperatur ist dann die um den Füllfaktor Ω/ΩA reduzierte
wahre Temperatur der Quelle:
Tant = T Ω/ΩA
Sie hängt also von der Entfernung der Quelle ab.
Handelt es sich hingegen um eine ausgedehnte Quelle, deren Emission die Antennenkeule
völlig ausfüllt, wird nur der Anteil gemessen, der von der Antennenkeule aufgefangen wird:
P = B I ΩA Aeff / 2
Damit wird die Antennentemperatur gleich der wahren Temperatur des Objekts:
Tant = P/(2kB) = T
Diese Eigenschaft macht man sich bei der Flusskalibration zunutze: Die Antennentemperatur
des Erdbodens oder eines genügend großen Hauses beträgt etwa 290 K.
Charakterisierung des Systems
Von einer Antennenanlage sind einige Parameter wichtig, um radioastronomische Daten
zu interpretieren:
- Systemtemperatur: Diese Größe ist Maß für das interne Rauschen der
Empfangsanlage, und damit für die Empfindlichkeit des Systems. Sie wird
durch Vergleich der Messung einer Quelle bekannter Stärke (Flusskalibrator)
mit der Messung des 'leeren' Himmels bestimmt:
p(quelle)/p(himmel) = (Tquelle + Tsys) / (Thimmel + Tsys)
Für eine erste Näherung reicht es oft, wenn man die Temperatur des Himmels
vernachlässigt:
Tsys ≈ Tquelle / (p(quelle)/p(himmel)-1)
Allerdings ist, besonders bei hohen Frequenzen, die Wärmestrahlung der
Atmosphäre nicht zu vernachlässigen. Dies erfordert die genaue
Bestimmung der Himmelshintergrundes.
- Breite der Antennenkeule (Half-Power Beam Width, HPBW): beschreibt
das räumlicher Auflösungsvermögen. Sie wird gemessen mit Hilfe eines
Driftscans der Sonne.
- Effektive Fläche der Antenne kann aus der gemessenen
Breite der Antennenkeule (HPBW) ermittelt werden:
Aeff = (π/4) * (58.8° λ/HBPW)2
Beobachtungsmethoden
Das Hauptproblem in der Radioastronomie ist das Rauschen. Die Signale von
Himmelskörpern sind nichts als unmoduliertes Rauschen, das oftmals nur knapp über dem
Rauschen der Empfängerelektronik reicht. Ziel der Messungen ist es also, die Stärke eines
Rauschsignals im Vergleich mit einem anderen zu messen. Wegen der ständigen Schwankungen
des Signals erfolgt die Messung der Stärke durch Mitteln oder Integrieren über einen
möglichst langen Zeitraum, denn der Restfehler des Mittelwerts von n Einzelmessungen
eines reinen Rauschsignals nimmt mit
√n
zu, und somit veringert sich der relative Fehler wie
1/√n .
Hinzu kommen noch Schwankungen der Empfängereigenschaften wie Verstärkung und Rauschzahl,
hervorgerufen durch Temperaturänderungen und Schwankungen der Versorgungsspannungen, und
Veränderungen der Erdatmosphäre, sei es durch Sonneneinstrahlung, Wetter, vorüberziehende
Wolken oder kleinskalige Temperaturinhomogenitäten. Je genauer man messen will und je
schwächer die Quelle ist, desto wichtiger werden die verschiedenen Einflüsse.
Zum Trennen von Nutzsignal vom schwankenden Hintergrund bieten sich verschiedene Methoden an:
- Bei nicht zu schwachen Quellen bietet sich ein Driftscan an: Hierbei wird die Antenne
fest auf eine Position gestellt, in der die Quelle in einigen Minuten sein wird.
Während die scheinbare Himmelsbewegung die Quelle durch die Antennenkeule führt,
wird das zuerst ansteigende, dann absteigende Signal registriert. Das maximale Signal
liefert die Stärke der Quelle, vorher und nachher wird der Himmelshintergrund
aufgezeichnet. Diesem Verfahren liefert außerdem noch Information
über die Breite und die Form der Antennenkeule.
- Im On/Off-Verfahren (oder "beam-switching") beobachtet man abwechselnd die Quelle für
eine Weile und den Himmel nebendran. Jedesmal, wenn die Quelle bebachtet wird, erweist
sich das Signal als ein wenig stärker, und bei mehrfacher Anwendung kann der Unterschied
hinreichend genau vermessen werden.
- Ist das Nutzsignal vergleichbar mit den statistischen Schwankungen der Messungen,
ist der ständige Vergleich mit einem konstanten Referenzsignal erforderlich:
dies kann in konstanter Temperatur gehaltener Abschlußwiderstand am Eingang des
Empfängers sein (Dicke-switching), oder eine konstante Rauschquelle, oder auch
der 'leere' Himmel gleich neben der Quelle ('beam-switching'). Die Messung erfolgt
durch ständigem Wechsel zwischen dem eigentlichen Signal oder der Quelle und dem
Referenzsignal, aus dem dann die Differenz gebildet wird.
- Bei Beobachtungen von Linienemission ist 'links' und 'rechts' von den Emissionkomponenten
ein Hintergrund von Emissionen im Kontinuum zu finden. Da diese bei der Interpretation
der Linienemission nicht von Belang ist, wird sie als Untergrund ('baseline') betrachtet,
auf der die Linien aufsitzen. Da der Empfänger im Allgemeinen innerhalb der Bandes einen
Frequenzgang aufweist, wird der genaue Verlauf der Baseline durch Anpassen von geeigneten
Funktionen an die linienfreien Stellen ermittelt und dann vom Rohspektrum abgezogen,
so dass die Linienkomponente vermessen werden kann.