Radiosignale von Marssonden
Radiosignale vom Mars, aus 160 Mio. km, lassen sich mit dem in der Empfangsstation Kiel-Rönne
mit tatkräftiger Hilfe der Howaldtswerke Deutsche Werft AG aufgebauten 9 m Parabolspiegel auffangen.
Derzeit sind zwei Marssonden zu nennen:
- NASA's "Mars Odyssey", gestartet am 07.04.2001,
in einer nahezu kreisförmigen Umlaufbahn.
- ESA's "Mars Express", gestartet am 02.06.2003, am 19.12.2003 in eine Marsumlaufbahn
eingeschwenkt, am 26.12.2003 das Marslandefahrzeug "Beagle 2" abgesetzt, und seither
weiter in einer stark elliptischen Umlaufbahn.
Eine Auswertung der von den Flugkörpern ausgesendeten
Bildinformationen ist in der Schule aus technischen und rechtlichen Gründen
leider nicht möglich. In der Schule kann vor allem der deutlich auftretende und
sich ändernde Dopplereffekt (Sendefrequenz 8,4 GHz) gemessen und ausgewertet
werden.
Soweit uns bekannt, ist dies das erste Mal, dass Signale aus einer so großen Entfernung,
die normalerweise nur von wissenschaftlichen Großanlagen (Spiegeldurchmesser 30 m) empfangen
werden, mit ungleich geringerem Aufwand nicht nur aufgezeichnet wurden, sondern auch Schulen
zugängig gemacht werden können.
Der Empfang der Signale ist auch deshalb nicht ganz einfach, weil der Empfänger nur eine
Bandbreite von 2 bis 3 kHz hat, aber der Frequenzversatz aufgrund des Dopplereffkts wesentlich
größer ist: Er besteht aus mehreren Anteilen:
- unsere Station befindet sich auf der Erde, die sich in 24 Stunden einmal um sich selber
dreht. Am Erdäquator ist die Geschwindigkeit maximal und beträgt
2π 6370 km/ 24*3600 s = 0.46 km/s. Dies macht auf der Sendefrequenz von 8.4 GHz
als einen maximalen Frequenzversatz von 0.46/300000 * 8.4 GHz = 13 kHz (in beiden Richtungen).
Dies ist bereits wesentlich mehr als die Empfängerbandbreite!
Da Rönne nicht am Äquator liegt, muss die genaue Frequenzverschiebung berechnet werden,
und dabei berücksichtigt werden, aus welcher Himmelsrichtung die Signale kommen ...
- unsere Erde umkreist die Sonne, mit einer Bahngeschwindigkeit von rund 30 km/s. Dies
entspricht einer maximalen Dopplerverschiebung von 840 kHz.
- der Planet Mars umkreist ebenfalls die Sonne, etwas weniger schnell ... Da es bei der
Dopplerverschiebung nur auf die Radialgeschwindigkeit von Sender und Enpfänger ankommt,
und diese von der relativen Bewegung von Mars und Erde anhängt, ist eine genaue und
daher etwas aufwändige Berechnung mit Hilfe der Planetenbahnen erforderlich. Für die
nächsten 10 Jahre ist dies in der unten stehenden Abbildung getan:
- zu guter Letzt muss die Bewegung der Marssonde auf ihrer Umlaufbahn berücksichtigt werden.
Immerhin beträgt deren Geschwindigkeit in der Grõßenordnung 2 km/s, also nochmals 56 kHz,
ein Vielfaches der Bandbreite. Dazu muss die Umlaufbahn bekannt sein oder wenigstens
mit einer guten Näherung bestimmt sein!
Ohne die Berechnungen dieser Frequenzkorrekturen ist ein Empfang praktisch unmöglich!
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Mars Express auf dem Weg zum Mars. Während der ca. 2 min der gezeigten Registrierung
verändert sich die Frequenz um etwa 500 Hz, das sind 18 m/s Geschwindigkeitsunterschied.
Die sich ergebende Beschleunigung von 0.15 m/s2 ist nicht etwa die von der
Sonde erfahrere Beschleunigung, sondern die Veränderung der Relativgeschindigkeit,
hauptsächlich durch die Erddrehung verursacht ...
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Marssonde Odyssey auf ihrer Bahn um den Mars am Umkehrpunkt der Dopplershift.
Da die Frequenz einen minimalen Wert annimmt, sieht man hier den Punkt auf der
Umlaufbahn, an dem sich die Sonde radial von uns wegbewegt, und daher die
Radialgeschwindigkeit den grössten Wert hat.
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Die Signale können auch wesentlich komplizierter aussehen: bei Aussendung von
Daten oder Telemetrie werden neben dem Hauptträger auch Nebenträger und
Modulation beobachtet (Mars Express)
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Aus dem Verlauf der Radialgeschwindigkeit mit der Zeit kann man Rückschlüsse auf die
Umlaufbahn ziehen. Zum einen gibt die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Umkehrpunkten
der Dopplershift die Umlaufszeit, zum anderen lassen sich aus der Form der Dopplerkurve
Aussagen über die Bahnform erhalten. Eine Kreisbahn hat eine einfache, sinus-förmige
Dopplerkurve. Eine Sonde auf einer stark elliptischen Bahn wird lange Zeit in der Gegend
um das Apozentrums verbringen und in einem relativ kurzen Intervall mit hoher Geschwindigkeit
durch das Perizentrum fliegen, wo sich dann die Radialgeschwindigkeit schnell und stark
ändert. Die folgende Simulation erlaubt es, den Einfluss der verschiedenen Bahnparameter
auf die Dopplerkurve zu ermitteln. Sie zeigt die Bahn eines um Mars umlaufenden
Satelliten wie sie einem Beobachter auf der Erde erscheint. Die Bahnparameter:
minimale und maximale (perizentrische und apozentrische) Höhe über der
Marsoberfläche, Bahnneigung gegen den Äquator, Argument des Perizentrums
(der die Lage des Perizentrums entlang der Bahn bestimmt) kann
der Benutzer eingeben. Daraus werden Umlaufsperiode und Exzentrizität bestimmt
und angezeigt. Die Sicht des Beobachters auf den Planeten wird durch die Länge und Breite
der Mitte der sichtbaren Marsscheibe beschrieben.
Der linke Plot zeigt die Ansicht der Bahn um Mars, der rechte die Radialgeschwindigkeit.
Der kleine rote Kreis markiert den Startpunkt der Simulation, den apozentrischen Punkt.
Im Interesse von zuverlässigen Ergebnissen werden extrem exzentrische Bahnen
(ε>0.9) nicht berechnet.
Beobachtungen von Mars Express
Leider war der Einschuß in die Umlaufbahn um den Mars nicht zu beobachten. Am 25.12.2003 waren wir
gespannt, was mit dem Signal und dem Dopplerversatz geschieht. Leider trat ein Fehler in der Anlage
auf, so dass die Messungen erst am 26.12.2003 durchgeführt werden konnten. Mars ging pünktlich auf
und Mars Express wurde sofort gefunden.
Später gingen wir dazu über, die Frequenzen zu registrieren. Ein Beispiel zeigt die Aufzeichnung
vom 10. und 11.01.2004:
Hiermit ergibt sich eine Umlaufszeit von 10 Stunden und 10 Minuten. Dies entspräche einer Kreisbahn
in 4500 km Höhe. Versucht man aber die Dopplerkurve zu interpretieren, z.B. mit obiger Simulation,
so ist eine stark elliptische Bahn erforderlich, um die innerhalb von 10 Minuten abfallende und
dann wieder ansteigende Frequenz (d.h. ansteigende und abfallende Radialgeschwindigkeit) erklären zu
können.
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Die Sonde verschwindet hinter dem Mars. Es ist schön zu sehen wie das Signal durch die
Marsatmosphäre langsam schwächer wird. Nach einer Stunde und 32 Minuten tauchte das Signal
wieder auf.
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Mars Reconnaissance Orbiter
Ein anderes interessantes Beispiel ist diese NASA-Sonde, die am 12.Aug.2005 gestartet wurde und
am 10.März 2006 die Umlaufbahn um den Mars erreichte, und am 12.Sep.2006 die geplante nahezu polare,
sonnensynchrone Bahn in etwa 250 - 316 km Höhe mit einer Umlaufszeit von 112 Minuten erreichte.
Ihre Aufgabe ist die Kartographierung des Planeten und die Weiterleitung von Radiosignalen an
und von den gelandeten Fahrzeugen. Am 25.Dez.2009 wurde diese Beobachtung aufgezeichnet:
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Das Signal von MRO zeigt regelmässig sich wiederholende Frequenzverschiebungen. Der Versatz
in der Frequenz beträgt ca. 100Hz, entsprechend einer Geschwindigkeit von 3.5 m/s. Die Periode
von etwa 70 sec ergibt 8 cm für den Abstand der Antenne vom Drehzentrum
(weitere Erläuterungen hier). Diese Bewegung kommt durch die
Ausrichtung der Antenne zustande, die in regelmässigen Zeitabständen entlang der Umlaufbahn
nachgestellt werden muss, um eine optimale Verbindung zu Erde zu halten.
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