Spin von Raumsonden

Zur Stabilisierung ihrer Orientierung werden Satelliten und Raumsonden zeitweise oder dauerhaft in eine schnelle Umdrehung um ihre eigne Achse versetzt, da aufgrund der Drehimpulserhaltung die Drehachse eines solches Systems sich nicht ändern kann, es sei denn durch massive äussere Einwirkung.
Wenn die Sendeantenne nicht auf der Drehachse liegt, wird sie durch die Rotation der Raumsonde um die Achse geführt. Steht die Drehachse senkrecht zur Sichtlinie, kommt die Antenne im Takte der Umdrehung einmal auf uns zu und andernmal geht sie von uns weg. Als Folge davon wird das ausgesandte Radiosignal einmal auf einer etwas höheren Frequenz, des andern Mals auf einer niedrigen Frequenz zu empfangen sein. Die Dopplerversatz des Signals ist eine Sinuskurve:
Δf (t) = Δfmax sin (2 π t/T)
wobei T die Zeit einer Umdrehung ist. Die maximale Dopplerverschiebung
Δfmax = -v/c * f = -(2π d/T) / c *f
mit der Umlaufsgeschwindigkeit v der Antenne, des Abstands d der Antenne vom Schwerpunkt (und Drehzentrum) der Sonde, der Lichtgeschwindigkeit c und der Sendefrequenz f.
Ist aber die Drehachse parallel zur Sichtlinie, verändert sich Entfernung von Antenne zum Beobachter nicht, und das Signal erleidet keine Dopplerverschiebung. Bei einem beliebigen Winkel α zwischen der Drehebene der Sonde und der Sichtlinie:

ergibt sich
Δfmax = -(2π d/T) / c * f * sin(α)

Aus dem beobachteten Verlauf der Frequenz des Signals der Raunsonde sind folgende Informationen zu erhalten:

Kennt man die Position der Sendeantenne oder schätzt sie ab, kann man aus diesen beiden Parametern den Winkel α zwischen Rotationsebene und Sichtlinie ermitteln.


Ein schönes Beispiel ist die Sonde Ikaros, die am 04.06.2010 erstmals die Entfaltung eines Sonnensegels ausprobierte. Die Messungen von F5PL vor der Entfaltung:

und kurz nach der Entfaltung

zeigten nicht nur die erhebliche Verlangsamung der Umdrehungszahl - eine Folge der Drehimpulserhaltung - durch die Vergrösserung der Sonde, aber auch dass mit einer angenommenen Position der Sendeantenne am Aussenrand des Sondenkörpers (d = 80 cm) und einem Winkel α = 40º die Beobachtungen gut erklärt werden:
Die Rate von 25 Umdrehungen pro Minute ergibt eine Periode von 2.4 Sekunden. Während einer Umdrehung legt die Antenne 5 m zurück, mit einer Geschwindigkeit von 2 m/s. Dies entspricht auf 8.4 GHz einer Frequenzverschiebung von 59 Hz. Folglich muss der Winkel ca. 40º sein.

Von DL0SHF wurde Ikaros im gesamten Zeitraum vor der Entfaltung bis einen Monat danach verfolgt. Eine Auswahl der Aufzeichnungen zeigt die Verlangsamung und die Verringerung der Doppleramplitude:
02.06.2010: 2Δfmax = 80 Hz 07.06.2010: 2Δfmax = 25 Hz ... nach Entfalten des Sonnensegels
10.06.2010: 2Δfmax < 10 Hz (geschätzt 7 Hz) 13.06.2010: 2Δfmax cs. 7 Hz
23.06.2010: 2Δfmax ca. 5 Hz 06.07.2010: 2Δfmax ca. 5 Hz

Alle Messdaten lassen sich in diesem Bild zusammenfassen (der grüne Pfeil markiert die Entfaltung des Sonnensegels):